„Michelangelo – gewaltigster und zugleich rätselhaftester Künstler aller Zeiten“ - mit diesen Worten eröffnete Prof. Dr. Sigmund Bonk eine gelungene Bildungskreation: Vortrag zur Kunst mit feiner musikalischer Umrahmung im Konzertsaal des Hauses der Musik in Regensburg.

Leber Hermann 19.10.21 4 copyAm Dienstag, 19.10.21 stand der Bildende Künstler, Kunsthistoriker und -pädagoge Prof. Hermann Leber dem Akademischen Forum Albertus Magnus als Referent bereit. Mit seinem detailreichen Vortrag „Michelangelo, Haman und die Laokoon-Gruppe“ deutete er ein Element des Freskenprogramms der Sixtinischen Kapelle im Vatikanpalast ebenso überraschend neu wie überzeugend: die sog. „Kreuzigung des Haman“.

Kreuzigung Hamann Michelangelo Buonarroti 040 Wikimedia commons

Als Grundlage für diese Szene stellte er die dramatische „Ester“-Geschichte (im gleichnamigen Buch) des Alten Testamentes vor.
Für Michelangelo sei sie zunächst einmal nichts als bloßer „Stoff“ gewesen.

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Seine schöpferische Umwandlung sei stark durch die antike „Laokoon-Gruppe“ beeinflusst worden. Dieses prägende Skulpturen-Kunstwerk stellt den verzweifelten Todeskampf des Laokoon und seiner beiden Söhne mit den Schlangen des erzürnten Poseidon dar – eindrucksvoller sind Opfer im Anblick des ihnen drohenden Schicksals kaum ins Bild zu fassen.

Prof. Leber verglich unterschiedliche ineinander geblendete Haman- und Laokoon-Abbildungen und wies auf dieser innovativen Grundlage auf Ähnlichkeiten, Differenzen und unterschiedliche Aufwärtsbewegungen hin. Es ergab sich, dass Haman sich sehr dynamisch (Andeutung der Auferstehung?) gleichsam in den Himmel „schraubt“ – mit seltsam verzücktem Gesichtsausdruck. Dies erlaubte Leber den verblüffenden Schluss, dass Haman von Michelangelo – entgegen jeder Bildtradition – als typologisches „Vor-bild“ von Jesus Christus dargestellt worden ist. (Diese Tradition betont Haman, den Feind der Juden, nie Haman den guten und gerechten Stellvertreter des Königs.)

Prof. Leber offenes Endfazit – „Auch das Leben ist bloßer Stoff.“

Zusammenfassend beschrieb Prof. Bonk die Werke Michelangelos als ebenso entzückend wie verwirrend – nicht selten auch verstörend. „Sensible Naturen werden nie anders an eines der Meisterwerke Michelangelos herantreten als mit einer Mischung aus Ergriffenheit und verwirrter Scheu.“

Langrieger Anna J. S. Hans 19.10.21 2Eingeleitet und hingeführt in die Welt der Meisterstücke hatte zunächst Mozart-Musik, überzeugend interpretiert von Anna J. S. Langrieger (Violine) und Hans Langrieger (Klavier). Eine weitere Violinsonate (mit Klavier) von Antonin Dvorak stimmte das Publikum perfekt auf einen musischen Abend mit Malerei, Kunst- und Kunstbetrachtung ein.

 

Bilder: Die Kreuzigung des Hamann - Wikimedia (gemeinfrei) | Laokoon-Gruppe/Margit Scheid

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