Rückblick „Bach – eine Tragödie aus der Oberpfalz“ 9. Mai 2025

Am Freitag, 9. Mai 2025 – und damit am Tag nach dem Gedenktag „80 Jahre Kriegsende“ – fand im neu gestalteten Emmeramsforum eine Veranstaltung statt, die mit gar nicht enden wollendem Applaus endete und guten Gewissen als „etwas ganz Besonderes“ bezeichnet werden darf. Der dankenswert vom Kulturamt Regensburg mitgesponserte Abend „BACH – eine Tragödie aus der Oberpfalz“ von und mit Werner Fritsch (Autor und Vortrag) und Hans Schanderl (Komponist und Live-Musik) dürfte allen etwa 60 Anwesenden unmittelbar „unter die Haut“ gegangen sein. Das mit eigens dazu komponierter Musik stimmig ergänzte Hörspiel thematisierte ein Ereignis, das sich am Allerseelentag 1945 in der Hendlmühle bei Wondreb im Stiftland (Oberpfalz) als schreckliche historische Realität zugetragen hat und bei welchem die Eltern des Vaters von Werner Fritsch ums Leben gekommen sind. 90 Minuten ohne Pause verlangte des Künstlern sowie den Zuhörern einiges ab ab – die Wirkung aber war gewaltig.


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Dichter und Philosoph Dante: An der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit | 20. Mai 2025

An der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit –
Verhältnis zwischen Wissenschaft und Theologie

Trifft es denn zu, dass im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit das theologische (auch metaphysische) Denken einfach durch ein wissenschaftliches ersetzt worden ist?
Der international renommierte Philosoph Prof. Dr. William Franke (Vanderbilt University/USA) wird diesen Gemeinplatz hinterfragen und zudem erläutern, warum diese populäre Sichtweise keineswegs zufriedenstellend ist und warum die Theologie sogar bis heute unverzichtbar bleibt.

Vortrag | Dienstag, 20. Mai 2025, 19.30 Uhr Staatliche Bibliothek/Lesesaal, Gesandtenstraße 13, Regensburg

Eintritt: 5 €
Anmeldung: akademischesforum@bistum-regensburg.de | Tel. 0941 / 5971612

 




BACH: Lesung mit Musik im Blick auf 80 Jahre Kriegsende | 9. Mai

Im Blick auf das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren wird das Hörspiel „BACH – eine Tragödie in der Oberpfalz“ von Autor Werner Fritsch gelesen. Das Stück umkreist die Familiengeschichte des Autors. Seine Großeltern wurden 1945 von ehemaligen KZ-Häftlingen vor den Augen ihrer Kinder ermordet. Es werden Augenblicke deutscher Geschichte am Beispiel eines Bauernhofes sowie Schicksalen von KZ-Häftlingen erzählt. Der dortige vorbeifließende Bach stellt den klanglichen und symbolischen Hintergrund dar. Gleichzeitig erinnert „BACH“ bewusst auch an den gleichnamigen Komponisten, dessen (Passions-)Musik dem Hörspiel seine spezifische Struktur verleiht. Die Lesung mit Werner Fritsch wird musikalisch umrahmt mit Klängen zur Kargheit und harten Geschichte. Der Regensburger Musiker Hans Schanderl geht auf das Hörspiel „BACH“ mit Suiten für Cello solo ein – ein Artikulieren rauer Klangkeile aus dunklen Tiefen.
Diese Veranstaltung findet mit freundlicher Unterstützung der Stadt Regensburg zum Jahresthema 2025 „Großwetterlage“ statt.
Freitag, 9. Mai 2025, 19.30 Uhr | Emmeramforum, Saal, Emmeramsplatz 3, Regensburg | Eintritt: 5 €
Anmeldung: akademischesforum@bistum-regensburg.de | Tel. 0941 / 5971612




Was sagt uns Ostern und die Auferstehung? TVA-Gespräch 20. April

Am Ostersonntag, 20. April, fand eine weitere Folge von „Kaum zu glauben?“ bei TVA Regensburg statt. Das Thema war diesmal das wichtigste Fest der Christenheit: das Osterfest. „Und wieder erwacht das Leben. Was sagt uns Ostern und die Auferstehung?“, so lautete dann auch passend der Titel des Gesprächs. Gesprächspartner waren Claudia Stöckl, Religionspädagogin und Gemeindereferentin in der Pfarreiengemeinschaft Neustadt – Altenstadt/WN, und Dr. Veit Neumann, Redaktionsleiter des Regensburger Bistumsblatts. Moderator war Martin Lindner.
Inhaltlich ging es um die Frage, was Ostern eigentlich ist, also was an diesem Fest konkret gefeiert wird. Ostern ist die große Feier, dass Christus den Tod besiegt hat, auferstanden ist, und dass wir ihm vertrauen können, dass er auch uns erlöst hat. Auch gingen die Diskutanten der Frage nach, wie sich über Ostern heute sprechen lässt. Denn die historischen Vorgänge liegen ja 2000 Jahre zurück. Dabei berichtete Claudia Stöckl von ihrer Tätigkeit als Gemeindereferentin

TVA-Gespräch "Kaum zu glauben" 20.04.25 Ostern © Thomas Oberst

Die beliebten Ostereier waren Thema. Und Veit Neumann sagte, dass die freien Ostertage eine Zeit seien, in der man angesichts der allgemeinen Hektik und zahlreicher Verpflichtungen des Alltags auch einmal „entschleunigen“ könne. Es sei möglich, sich einmal das Wesentliche vor Augen zu stellen.

Zahlreiche Passanten wurden außerdem in einer Straßenumfrage befragt, ob sie an Ostern in die Kirche gehen und welche Bedeutung Ostern hat, wenn die Welt gleichzeitig im (Wirtschafts-)Krieg zu versinken droht. Auch das Thema Ostern und Hoffnung spielte immer wieder eine maßgebliche Rolle.

Ganz praktisch wurde es bei der Frage, wie sich die Tage über Ostern gestalten lassen. Zahlreiche Befragte sprachen auch über ihr eigenes Osterfrühstück in der Familie. Alle zufällig Befragten erklärten, dass sie am Ostersonntag das Osterfrühstück in der Familie bzw. mit Freunden halten.

„Kaum zu glauben?“ ist eine Koproduktion von TVA Regensburg, der Bischöflichen Presse- und Medienabteilung sowie dem Akademischen Forum Albertus Magnus.

Ausstrahlung
Die Ausstrahlung auf TVA Regensburg erfolgte am Sonntag, 20. April, ab 18:15 Uhr bis 23:15 Uhr jeweils stündlich. Im Satellitenprogramm OTVA.de ist die Folge um 18:15, 20:15 und 22:15 Uhr zu sehen. Als Stream ist sie in der Mediathek von TVA sowie der Homepage des Bistums Regensburg ab Mittwoch, 23. April, zu verfolgen.

Text: Dr. Veit Neumann, Fotos: Thomas Oberst




Rückblicke auf Kunstsymposion „Meisterwerke religiöser Renaissance-Malerei“

Für welche Theologie oder Weltanschauung stehen drei Meisterwerke der religiösen Renaissance-Malerei? In unserem Kunst-Symposion am 28. März 2025 wurden Gemälde vorgestellt von Vittore Carpaccio, Michelangelo und Raphael. Das Haus der Musik in Regensburg bot erneut eine wunderbare Möglichkeit, sich der Malerei mit religiösen Bezügen zu widmen – begleitet mit Renaissance-Musik vom Feinsten. 

„Reise nach Venedig, Florenz und Rom“ – Carl Prämassing schildert seine Eindrücke von der Veranstaltung für Augen und Ohren – hier weiterlesen!







Türhüter Tod (Georg Britting)

Die vorösterliche Fastenzeit läuft nicht nur auf Ostern, sondern auch auf den Karfreitag zu. Schon deswegen gehört der Gedanke an den Tod in diese Zeit des Verzichts und der Besinnung unbedingt mit hinein. Weil man vor dem Tod – dem der Nächsten wie auch dem eigenen – große Angst verspürt, scheut man auch vor dem Gedanken daran intuitiv zurück. Aber wie einem der eigene Totenschädel bereits unter der Haut sitzt (erlässt sich unschwer ertasten), so der Gedanke an den eigenen Tod auch früh schon in der Seele (Kindern noch nicht). Nur, dass dem Todesgedanken so gut wie immer der Zugang ins volle Bewusstsein verwehrt wird. In der Fastenzeit könnte und sollte das aber auch einmal anders sein. (Beständige Verdrängungen machen die Seele krank.)
Mit Kunst, Musik und Literatur geht so manches leichter! So besehen empfiehlt es sich, den Gedanken an den Tod in einer künstlerisch schön verpackt ins Licht des vollen Bewusstseins zu führen. In den Lyriksammlungen besteht kein Mangel an „Todes-Sonetten“ – hier ein Beispiel aus der Gedicht-Sammlung „Die Begegnung“ (gemeint: mit dem eigenen Tod) des von mir hoch geschätzten Regensburger Dichters Georg Britting (1891-1964).
Als Altbayer ist ihm die prächtige Gestalt des „Boandlkramers“ aus dem Volksstück „Der Brandner Kaspar schaut ins Paradies“ von Kindheit an bekannt gewesen. An dessen hintersinnig-vergnügliche Monologe angelehnt, hat Britting in dem nun folgenden Gedicht einen ebenfalls mürrischen „Tod“ wie folgt sinnieren lassen:

TÜRHÜTER TOD
Von drüben weiß ich nichts.  Mein Dienst geht hier,
Auf dieser Erd. Türhüter bin ich, und
Mach auf, mach zu. Darf wie ein Kettenhund 
Niemals ins Haus. Viel besser habt es ihr.
Ihr seid geladne Gäste. Aber mir
Bleibt nur das Nachsehn. Sagt, hab ich nicht Grund
Betrübt zu sein? Ich starr mit offnem Mund
Neidisch euch nach. Bin ich ein räudig Tier?
Ein Ausgestoßner? Wie mags drüben sein? 
Ich möcht wie ihr mir Kenntnisse erwerben. 
Mich hält man dumm. Warum darf ich allein
Niemals ins Haus? Was hat man mit mir vor?
Soll ich denn ewig stehen vor dem Tor?
Ihr Glücklichen! Warum darf ich nicht sterben?

Wird im Stück vom Brandner Kaspar der Tod wie ein Häscher dargestellt, der vom Himmel herunter auf die Erde gesendet wird um die „Fälligen“ nach oben zu holen, so wechselt Britting das Bild: Hier steht der Tod als Wächter vor einer Tür oder einem Tor, das die soeben Verstorbenen in eine andere Welt führt, i. e. in den Himmel, den der Tod selbst aber nie zu sehen bekommt. (Ihm bleibt das Tor für alle Zeit verschlossen, da das himmlische Leben ja nun einmal ein ewiges ist.)
Aber nicht nur das Bild hat der Dichter ausgetauscht, sondern auch fast alles, was gemeinhin mit dem Tod assoziiert wird. Das Tor zur Ewigkeit und der Türsteher davor werden aus Fluch- und Fluchtorten zu Verheißungs- und Sehnsuchtsorten. Und die Menschen (die bei Homer immer nur als „die Sterblichen“ bezeichnet sind) werden ob dieser Sterblichkeit nicht bedauert, sondern ganz im Gegenteil glücklich geheißen. „Ihr Glücklichen! Warum darf ich nicht sterben?“ Sterben-Können ist zum Privileg geworden, die Unsterblichkeit (des Todes) zu seinem Fluch – wenn dieses Privileg leider auch allen Atheisten unerreichbar ist. Diese nämlich sehen keine Tür und kein Tor, ihnen kommt bei dem Wort Tod – und das ist sehr wenig und recht traurig – nur eine Grube und ein Loch in den Sinn…
Als ich das Gedicht las, kam mir, nach langer Zeit wieder einmal, ein ganz bestimmter Türsteher in den Sinn, den ich vor mehr als zwanzig Jahren ziemlich oft vor einem „Club“ am Regensburger Jesuitenplatz habe stehen sehen. (Ich wohnte damals in der nahen Obermünsterstraße und ging dort oft vorbei.) Dabei handelte es sich um eine ziemlich furchteinflößende Gestalt: ein hünenhaft großer, breitschultriger, glatzköpfiger Kerl in Lederjacke, anscheinend gründlich durchtätowiert (hinauf bis an den Hals), dem eine perfekt dazu passende barsche Bass-Stimme zu eigen war. In seine Reichweite zu kommen suchte man instinktiv ebenso zu vermeiden wie jeden direkten Augenkontakt.
Eines Abends aber sah ich ihn mit einem älteren Mann scherzen, hörte ihn überraschend angenehm lachen und sah, wie sich sein Gegenüber (sein Vater, vielleicht auch sein Firmpate?) über dieses Gespräch herzlich freute. Da wurde mir klar: Du hast dem Türsteher vermutlich Unrecht getan; allem Anschein nach ist der große Unheimliche ganz nett, vielleicht auch ein echter Familienmensch, ein liebevoller Gatte und Vater – und ein guter und verlässlicher Freund obendrein. Selbst der Gedanke, dass ich mich ja selbst mit dem Lachenden anfreunden könnte, schoss mir durch den Kopf…
Wäre es denn nicht wundervoll, sich auch mit dem Gedanken an den eigenen Tod auszusöhnen? Noch fällt sein beunruhigender Schatten auf so vieles, das uns beschäftigt und freut. Wie es wohl wäre, wenn es uns gelänge, das Licht im Tod wahrzunehmen, ihn gar hauptsächlich in diesem Licht zu sehen („Ihr Glücklichen! Warum darf ich nicht sterben“)? Wären wir dann nicht von einem latenten Albdruck frei geworden? Sollten wir nicht erst dann durch und durch glücklich sein können – „hier“ immer wieder einmal nicht anders als „dort“ für alle Zeit?
Zum Triumvirat im Reich der Musik gehörte für den Dichter und Musikfreund Georg Britting (neben Gluck und Richard Strauß) auch Mozart. Im Jahre 1787 schrieb „Wolferl“ an seinen geliebten Vater Leopold:
„Da der Tod (genau zu nehmen) der wahre Endzweck unseres Lebens ist, so habe ich mich seit ein paar Jahren mit diesem wahren besten Freunde des Menschen so bekannt gemacht, dass sein Bild nicht allein nichts Schreckendes mehr für mich hat, sondern recht viel Beruhigendes und Tröstendes. Und ich danke meinem Gott, dass er mir das Glück gegönnt hat, mir die Gelegenheit zu verschaffen, ihn als den Schlüssel zu unserer wahren Glückseligkeit kennenzulernen.“
Ich wünsche Ihnen noch weitere besinnliche Fastentage und grüße Sie recht herzlich als
Ihr Diakon Sigmund Bonk

1) T.R. gewidmet.
2) Georg Britting, „Türhüter Tod“, in: ders., Die Begegnung (= Sämtliche Werke, Band 4), Höhenmoos 2008, S. 31 (erstmals: München 1947)




Miserere – Psalm und himmlische Musik

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Der berühmte Psalm 50 „Miserere“, den bereits Augustinus überaus bewundert hat, gehört mitten hinein in die vorösterliche Bußzeit. Hier ist sein Anfang:
„Gott, sei mir gnädig nach deiner Huld, tilge meine Frevel nach deinem reichen Erbarmen!
Wasch meine Schuld von mir ab und mach mich rein von meiner Sünde!
Denn ich erkenne meine bösen Taten, meine Sünde steht mir immer vor Augen.
Gegen dich allein habe ich gesündigt, ich habe getan, was böse ist in deinen Augen.
So behältst du recht mit deinem Urteilsspruch, lauter stehst du da als Richter…“
Dieser sehr bekannte Psalmentext hat auch eine vielberühmte Vertonung erhalten – die Rede ist von der des römischen Komponisten, Chormeisters, Sängers und Priesters Gregorio Allegri (1582-1652). Seine über alle Maßen herrliche Komposition war im Vatikanpalast so geschätzt, galt als so kostbar, dass sie nur ein einziges Mal pro Jahr aufgeführt werden durfte…
Über dieses „Miserere“ ist bei „Wikipedia“ zu lesen: „Es erklang bis 1870 jedes Jahr in der Karwoche in der Sixtinischen Kapelle und durfte angeblich nicht kopiert werden. Bei einem Besuch dort im Jahr 1770 soll Wolfgang Amadeus Mozart das Musikstück gehört und es später aus dem Gedächtnis niedergeschrieben haben. Eine erste Veröffentlichung des Werkes aus dem Jahr 1771 stammt von Charles Burney. Ihm und Mozart könnte es zu verdanken sein, dass das Stück nicht für immer verlorenging. Das Miserere beeindruckte auch Johann Wolfgang von Goethe.“  
Die vielleicht beste unter den vielen schätzenswerten Interpretationen ist die des Studierenden-Chores des Claire College der University of Cambridge: www.youtube.com/watch?v=IA88AS6Wy_4
Dabei dürfte die souveräne Meisterung des dreigestrichenen „hohen c“ durch die Sopranistin auf der Säulenempore als ganz besonders ergreifend empfunden werden. Unser Fastentipp: Unbedingt hineinhören!
PS: Auch die Kommentare sind teilweise lesenswert; hier ein Beispiel: Twelve minutes and forty two seconds ago, I was an atheist.
Intensive musikalische Minuten wünscht
Ihr Sigmund Bonk




Eucharistie-Feier – Raum für Transzendenz-Erfahrungen

Immer mehr Christen sehnen sich, so ist es den einschlägigen Untersuchungen zu entnehmen, nach eigenen religiösen Erfahrungen oder „Transzendenzerlebnissen“.
Die Gottesbeweise haben abgedankt und andere Begründungsversuche dafür, warum der Glaube mit der Vernunft verträglich sein sollte, gelten als eher mühsame Lektüre. Im Übrigen, so steht es ebenfalls geschrieben, kann ich letztendlich nur das richtig fest glauben, was ich selbst gesehen und verspürt habe. In diesem thematischen Zusammenhang begegnet immer wieder Karl Rahners Wort aus dem Jahr 1966: „Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein, oder er wird nicht sein“.
An all dem dürfte durchaus einiges dran sein. Eigene Erfahrungen sind – bieten sie zwar auch keine absoluten Gewissheiten – in der Regel zuverlässig. Und unsere Zeitgenossen sind allgemein misstrauisch geworden. Misstrauen dem Zeugnis anderer, sind auch der „grauen Theorie“ gegenüber skeptisch eingestellt, wollen viel lieber selbst sehen, um dann selbständig urteilen. Mag ein solcher Zugang zur Wirklichkeit und zum Mitmenschen auch eigene Fragen und gewisse soziale Probleme aufwerfen, er herrscht vor – und das dürfte so bald auch nicht anders werden. Der Versuch, die „aufgeklärten Zweifel“ auf theoretische Art und Weise gesellschaftlich zurückzudrängen, liefe auf einen Kampf mit Windmühlen hinaus.

Was ist da aber kirchlicherseits zu tun? Gar nichts zu unternehmen, birgt ja ganz offensichtlich die beträchtliche Gefahr in sich, dass sich weiterhin viele Christen immer dann von ihrer Kirche abwenden, wenn sich bei ihnen keine mystischen Erfahrungen eingestellt haben.

Die Heilige Messe – ein Ort tiefer Erfahrungen

Was sich allerdings alternativ zu Don-Quijoterien machen ließe, wäre: bedenken zu geben, ob nicht auch die Heilige Messe ein Ort von tiefen Erfahrungen sein könnte. Warum sollten dafür eigentlich nur das Hochgebirge, die offene See, Tibet, Kyoto, das Ashram, Dojo und die Yogagruppe geeignet sein?
Auch die Kirche als Ganze ragt hinein in den Bereich der Transzendenz. Eine solche Aussage mag manchem Katholiken ein schmerzliches Lächeln auf das Gesicht zaubern. Allzu oft hat die Kirche in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten mit Skandalen, Pannen und den menschlichen Unzulänglichen einiger ihrer Vorsteher und Repräsentanten mit großen Ärgernissen auf sich aufmerksam gemacht. Einverstanden: Dabei dürften auch Skandalisierungen seitens interessierter, kirchenfeindlicher Kreise eine gewisse Rolle gespielt haben. Obwohl ein solcher Verdacht schwer von der Hand zu weisen ist, bleibt jedoch immer noch übergenug „dunkle Substanz“ an Versagen zurück. Ohne dies hier nur im Geringsten bestreiten zu wollen, sollte der Fairness und Wahrheit wegen dennoch ein wenig genauer und differenzierter hingeschaut werden.

Die Kirche ist erstens weder mit der Priesterschaft noch mit ihren sonstigen Amtsträgern identisch. Zweitens ist das Ganze der Kirche nicht nur mehr als ihre Teile, sondern, in diesem besonderen Fall, auch noch einmal etwas deutlich Anderes als diese. Die Kirche ist das wandernde Volk Gottes mit all den Schwächen – zum Teil auch Gemein- und Bosheiten –, die einem oder einigen Menschen nun einmal zu eigen sind. Die Kirche ist aber auch mystischer Leib Christi – und damit beides (sit venia verbo) „unvermischt und ungetrennt“, weswegen das defizitäre Verhalten der sie konstituierenden „Körperzellen“ gar nicht auf den Geist (bzw. metaphorisch: das „Haupt“ Jesu Christi) übergreifen kann. Kurz: Die Kirche bleibt als jenseitiger mystischer Leib Christi heilig – auch dann noch, wenn sich das Kirchenvolk und seine Führer sich keineswegs sämtlich im Stande der Heiligkeit befinden.
Die dem zeitlichen Diesseits zugewandte Kirche ist zwar nicht dieselbe wie die bereits jetzt dem überzeitlichen Jenseits angehörige. Aber sie bilden ein Ganzes, einen „Leib“. Nun ist aber die erstgenannte Seite der menschlichen Sorge zur Vervollkommnung anvertraut. Daraus folgt: Kirche ist nicht nur immerzu auf dem Weg, sie verändert sich auch selbst. Damit aber kann sie vor ihrer Vollendung, die mit der Wiederkehr Jesu Christi anheben wird, nie vollkommen sein.

In eine durch und durch makellos-heilige Kirche würde der irrende und sündigende Mensch auch nur schlecht hineinpassen. Er empfände ihr gegenüber allzu viel Scheu und allzu große Ehrfurcht; würde sie sich eine Stufe weniger ideal, einfach etwas menschlicher, wünschen. Es verhielte sich wie mit einem ganz normalen Kind, das eine makellos schöne, fehlerlose, hochintelligente und insgesamt hoheitsvoll strahlende, dazu auch noch stets perfekt gekleidete Frau zur Mutter hat. Ein solches Kind wäre überaus stolz auf diese großartige Mutter, beneidete aber heimlich die anderen Kinder mit ihren weniger perfekten und beeindruckenden „Mamis“, welche indessen mit dummen Fragen belästigt werden können, die man mit schmutzigen Händchen berühren und mit Tränen netzen darf. Hinzu kommt, dass uns eine vollkommene Kirche der interessanten Möglichkeit wie auch Aufgabe beraubte, an ihr „weiterbauen“ – und dabei so nebenher selbst innerlich wachsen zu können.
Der traditionsbewusste Katholik bejaht die Kirche mehr oder weniger so wie sie ist. Die Bemühung um ihre Vervollkommnung und Reform – Re-form: in dem Wort steckt, recht verstanden, die Rückkehr zur ursprünglichen und normativen Gestalt, nicht der Ausgriff auf ein fernes Utopia – darf zwar niemals fehlen („ecclesia semper reformanda“), aber ein großes und grundsätzliches JA geht voraus. „Der Katholik begehrt keine Ideal- oder Ästhetenkirche, keine Gralsburg auf Erden. Ist auch seine Mutter von langer Wanderung bestaubt, ist auch ihr Antlitz von Sorge und Not durchfurcht – es ist doch seine Mutter. In ihrem Herzen flammt die alte Liebe. Aus ihrem Glauben strahlt der alte Glaube. Von ihrer Hand strömt immerfort der alte Segen.“

Ist die Kirche unsere geistliche Mutter, so ist sie Christi geistliche Braut. Hierbei ergibt sich nun ein Dilemma, das auch ein gewisses Zwielicht auf die Frage nach dem Frauenpriestertum wirft. Ist Christus Bräutigam, die Kirche Braut, der Priester (insbesondere bei der Eucharistiefeier) aber Stellvertreter Christi (handelnd an Christi statt bzw. in persona Christi), wird es als unpassend empfunden werden, auch Frauen zu Priestern zu weihen. So weit so gut (oder doch zumindest: schlüssig). Nun vermag aber auch eine andere Metaphorik eine ehrwürdige Tradition aufzuweisen: Die Kirche ist weiblich, ist Mutter, ist eine marianische Gestalt. Sollte es da nicht ebenfalls als seltsam erscheinen, dass sich ein weibliches Wesen in ihrer spirituellen Mitte (dem Klerus) ausschließlich aus Männern zusammensetzt und sich auch zukünftig ausschließlich durch solche zusammensetzen soll? Dieses Dilemma kann hier nicht aufgelöst werden, scheint aber einen Aufruf zum Weiterdenken in sich zu enthalten.

Die Eucharistie – Raum für Transzendenz

Mit beeindruckender Übereinstimmung haben sich Kirchenlehrer und bedeutende katholische Theologen über viele Jahrhunderte hinweg dafür ausgesprochen, das Sakrament des Altars, die Eucharistie, als Mitte, Quelle und / oder Höhepunkt kirchlichen Lebens zu betrachten. Daran etwas bemäkeln zu wollen, wäre ebenso hochmütig wie lächerlich. Was aber nicht schaden dürfte, ist (in der hier gebotenen Kürze) zu einem verbreiteten Miss- oder „Halb-“verständnis Stellung zu beziehen. Der folgende Irrtum legt sich ja nahe („Tut dies zu meinem Gedächtnis“), dass die Eucharistiefeier einfach die Erinnerung an das letzte Abendmahl – einschließlich der darauffolgenden Passion, dem Tod und der Auferstehung – wachhalten soll. Obwohl das bereits nicht gerade wenig wäre, ist damit in Wahrheit noch lange nicht alles, auch das Wichtigste noch nicht, zum Ausdruck gebracht, fehlt doch, was mithilfe dem theologischen Terminus einer „Transsubstantiation“ unbedingt mitbedacht werden sollte.
Und gerade hier eröffnet sich ein Raum für Transzendenzerfahrungen. Die Wandlung von Brot und Wein in Fleisch und Blut bewirkt nämlich das Ungeheuerliche, dass sich die Zeitmauer zwischen dem Vorabend der Kreuzigung und heute – sie erstreckt sich etwa über zweitausend Jahre! – einstürzt, in sich zusammenfällt, verschwindet… Wie damals, so spricht und bewirkt nun wieder Jesus Christus selbst, dass es zum Wandel der beiden unsichtbaren Substanzen kommt – wenn jetzt auch mit der Gestik und durch den Mund des Priesters.
Darüber hinaus halten Katholiken daran fest, dass der Herr nach dem Wandlungsworten tatsächlich, nun sogar körperlich, gegenwärtig ist. Derjenige, nach dem „Christen“ sich benennen (Kant meinte einmal, sie sollten sich besser, nämlich grammatisch korrekt, „Christianer“ genannt haben), lebte somit nicht nur als Zeitgenosse etwa Senecas (womit wir uns seiner bloß historisch erinnern könnten); nein, er ist und bleibt lebendige Gegenwart.

Und im Konsumieren des konsekrierten Brotes und Weins geht etwas von seinem göttlichen Leben in unser menschliches mit ein.

Mystische Erfahrung durch mentale Einstellung

Fast immer setzt eine mystische Erfahrung eine bestimmte mentale Einstellung voraus. Wir können versuchen, uns während der Gabenbereitung in die geeignete emotionale Stimmung und in den damit harmonierenden entsprechenden Bewusstseinszustand zu versetzen. Wir sagen uns zum Beispiel: „Sogleich wird etwas Ungeheuerliches geschehen. Das Tor zur Ewigkeit wird sich kurz öffnen und Jesus Christus selbst tritt zu uns herein. Zwar hat er sich wieder einmal ganz klein gemacht, aber jetzt ist er tatsächlich da.“ (Wir warten, was nun in uns oder mit uns geschieht.)

Wäre so etwas nicht zumindest einen Versuch wert? Und sollten dafür nicht gerade die Fastenwochen prädestiniert sein? Zumindest mir scheinen satte Leiber keine geeigneten Subjekte für mystische Erlebnisse zu sein, die sich als solche zwar nie herbeizwingen lassen, für die jedoch durchaus weniger geeignete wie auch geeignetere Voraussetzungen geschaffen werden können. Ein Letztes noch, im Blick auf Rahner:
Vielleicht muss man als Christ ja nicht gleich Mystiker werden; gut möglich, dass es unserem Glauben auch schon gut tut, wenn wir es schaffen, immerhin eine Ahnung davon zu entwickeln, wie es ist (oder sein könnte), echte „Transzendenzerlebnisse“ zu haben. (Oft kommt es dann zu Enttäuschungen, weil man sich einfach zu viel erwartet hatte.)

Eine ringsum gute vorösterliche Zeit wünscht
Ihr Diakon Sigmund Bonk

1 Karl Adam, Das Wesen des Katholizismus, Düsseldorf 1940 (12. Auflage), S. 268.
² Freilich gibt es andere Gründe für (die diesbezügliche Benachteiligung der Frau) wie gegen (Jesus, der sonst gerne gegen die Gebräuche der Zeit verstoßen hat, wählte nur Männer in seinen engeren Kreis, einmal 12, einmal 72) das Frauenpriestertum. Das Für und Wider trifft ebenso auf die Emotionen zu. Es schmerzt einen, Frauen benachteiligt zu sehen, aber es tut einem auch weh, befürchten zu müssen, gegen den Willen und das Vorbild Jesu zu handeln. (Persönlich bin ich dankbar dafür hier nichts entscheiden zu müssen.)




Renaissance-Malerei | Kunstsymposion 28. März 2025

Für welche Theologie oder Weltanschauung stehen drei Meisterwerke der religiösen Renaissance-Malerei? Im Kunst-Symposion werden Gemälde vorgestellt von Vittore Carpaccio, Michelangelo und Raphael.
Neue Deutungsvorschläge wagen drei Referenten und stellen insbesondere die religiösen Bezüge zur Diskussion.
Programm:
„Der Heilige Augustinus im Studierzimmer“ (Vittorio Carpaccio) – Dr. Florian Schuller
„Tondo Doni“ (Michelangelo) – Prof. Dr. Sigmund Bonk
„Disputà del sacramento“ (Raphael) – Prof. Dr. Hans-Christoph Dittscheid
Musikalische Umrahmung:
Renaissance-Musik mit Verena und Günther Kronseder (Viola da Gamba und Spinett)

Freitag, 28. März 2025, 18-21 Uhr
Haus der Musik, Konzertsaal, Bismarckplatz 1, Regensburg
8 € Eintrittsgebühr – an der Abendkasse zu bezahlen
Anmeldung: akademischesforum@bistum-regensburg.de | 0941/5971612




Blick auf Jesus richten – Chance der Fastenzeit

Die Fastenzeit ist eine besondere Zeit des Jahres – eine Einladung, innezuhalten und den Blick neu auf Jesus zu richten. Sie ist ein Ruf zur Vertiefung unserer Beziehung zu Christus. In einer hektischen Welt voller Ablenkungen wird diese Zeit zu einer wertvollen Gelegenheit, uns bewusst auf das Wesentliche zu fokussieren.

„Einen Blick auf Jesus in all seinen situationsspezifischen Abwandlungen und irdischen Blickweisen richten“ – dieses Anliegen bringt Maria-Anna Bäuml-Rossnagl in ihrem neuen Buch in Wort und Bild zum Ausdruck: „Der vielfarbige Jesus im Christus-Licht“. Sie lässt viele Stimmen bedeutender Autoren in ihrer Eigenart über Jesus dem Christus sprechen. „Dieses mein Jesusbuch will einen vielfarbigen Jesus vorstellen – gleichsam in allen Farben des Regenbogens, die sich im vollkommen lichten WEISS vereinen… Zum ,lichten Weiss des Jesus Christus‘ – wie ich ihn bei meiner Erstkommunion unvergesslich erlebte – sind auf meinem weiteren Lebensweg viele Farbschattierungen hinzugekommen.“
Ihr Buch dokumentiert ihren persönlichen Glaubensweg mit Jesus dem Christus in zitierten Autorentexten mit eigenen faszinierenden Bildern. Die Lektüre kann sehr empfohlen werden!


Der viellfarbige Jesus im Christuslicht_Maria-Anna Bäuml-Rossnagl

Maria-Anna Bäuml-Rossnagl ist Bildungsdidaktikerin, emeritierte Hochschullehrerin, Malerin und engagierte Christin.1983 folgte sie dem Ruf auf eine Professur an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), wo sie am Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik der Fakultät für Psychologie und Pädagogik bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 2010 lehrte. Zudem ist sie außerordentliches Mitglied im Münchner Kompetenzzentrum Ethik. Maria-Anna Bäuml-Rossnagl verfasste eine lange Reihe vielbeachteter Fachbücher und realisiert als Künstlerin Kulturprojekte und Installationen in kirchlichen Räumen.